Adé Zündschlüssel - Gewohnte Details im Auto verschwinden

Berlin (dpa/tmn) - Das Zündschloss ist oft nur noch ein Knopf, einen Kassettenspieler sucht man vergebens und das Ersatzrad? Bei Neuwagen meist nicht mehr vorhanden. Das Innenleben unserer Autos ändert sich mit wachsendem Tempo - und damit stirbt so manches Detail aus.

Darin sind sich Entwickler, Analysten und Politiker ausnahmsweise einmal einig: Bis der Autopilot fürs Auto kommt, wird es wohl noch ein paar Fahrzeuggenerationen dauern. Und bis dahin wird es auch immer ein Lenkrad geben. Doch für andere Teile im Auto gibt es schon lange keine Bestandsgarantie mehr. Der Fortschritt hat ein Tempo erreicht, das immer mehr Änderungen bringt. Zehn Dinge, die im Auto schnell oder schleichend ihren Abschied feiern.

Der Tacho: Seit über 100 Jahren zeigt der Tacho im Auto das Tempo an. Doch für die Geschwindigkeitsanzeige kommen schon heute manchmal keine echten Zeiger mehr zum Einsatz. Zunehmend setzen die Autohersteller auf frei konfigurierbare Flachbildschirme, auf denen sie die Instrumente simulieren. Oberklassemodelle wie der BMW 7er oder die neue Mercedes S-Klasse sind Beispiele. Mit dem Volvo V40 oder dem BMW i3 erobert der Trend bereits die gehobene Kompaktklasse.

Der CD-Player:Der Kassettenspieler ist schon ausgemustert, und dem CD-Player wird es auch bald an den Kragen gehen. Zumindest die Veranstalter der US-Elektronikmesse CES gehen davon aus, dass die USB- oder Bluetooth-Verbindung zum Mobiltelefon oder MP3-Player die wichtigere Musikquelle wird. Bei der Gelegenheit könnte auch das klassische Radio auf der Strecke bleiben. Schon jetzt holen Fahrzeuge wie der Opel Adam oder der Mini viele Webradio-Stationen ins Auto. Das könnte herkömmliche Sender verzichtbar machen.

Der Zündschlüssel: Er hat zwar emotional eine hohe Bedeutung, weil seine Übergabe beim Kauf buchstäblich ein Schlüsselerlebnis ist. Doch zum Fahren braucht man den Zündschlüssel immer seltener. Mittlerweile verfügen selbst Kleinwagen über einen Starterknopf und erkennen den Fahrer am Chip im Schlüsselgehäuse, das dabei in der Hosentasche stecken bleiben kann. Je nach Preis und Ausstattung funktioniert das nicht nur am Zünd-, sondern auch schon am Türschloss. Renault etwa hat den Schlüssel schon durch eine Chipkarte ersetzt, die nie das Portemonnaie verlassen muss.

Die Xenon-Leuchte: Noch nicht einmal 20 Jahre auf dem Markt, und schon ist die Xenon-Leuchte vom Aussterben bedroht. Das zumindest glaubt Stephan Berlitz, Lichtentwickler bei Audi. Er sieht die Zukunft in LED-Scheinwerfern, die mit zunehmender Verbreitung günstiger und die Gasentladungslampen ablösen werden. „Sie haben das hellere Licht, lassen sich vielfältiger steuern, brauchen weniger Energie und halten länger.“ Als ersten Wagen in der Kompaktklasse stattete Seat den Leon mit LED-Scheinwerfern aus.

Das Ersatzrad: Für die Entwickler ist es buchstäblich das fünfte Rad am Wagen, kostet Platz und erhöht das Gewicht. Deshalb ist das Ersatzrad schon seit Jahren auf dem Rückzug und wird zunehmend durch sogenannte Reifenreparatursysteme abgelöst. Sie setzen auf eine Dichtmasse, die in den defekten Pneu gefüllt wird und das Loch so verschließt. Anschließend wird mit einem beigepackten Kompressor aufgepumpt. Der ADAC gibt den Ingenieuren Rückenhalt: Eine Reifenpanne drohe nur alle zehn Jahre.

Das Navigationssystem: Der Autoatlas ist aus der Mode, und bald wandert womöglich auch das Navigationssystem aufs Altenteil - zumindest das fest eingebaute. Weil sich immer mehr Kunden auf die Ortskenntnis ihres Mobiltelefons verlassen und sich das Straßennetz ohnehin ständig ändert, werden sogenannte Offboard-Lösungen immer populärer. Dann stecken Know-How und Rechenleistung nicht mehr im Fahrzeug, die Route wird stattdessen auf einem Server ermittelt und auf die portable Einheit übertragen.

Einen Schritt weiter geht Opel beim Kleinwagen Adam: Für den gibt es nur noch eine Navi-App, die wie ein Zusatzprogramm beim Handy ins Auto geladen wird und ihre Route mit Hilfe des Mobiltelefons berechnet. Und wenn der VW Taigun tatsächlich so in Serie geht, wie die Studie aus dem vergangenen Sommer in Aussicht stellte, hat er statt einer Routenführung nur noch eine Dockingstation fürs Smartphone.

Die Fensterkurbel: Leiern für Luft - das war lange Zeit eine gängige Übung. Mittlerweile sind nicht nur die Ausstellfenster ausgestorben, die man zum Beispiel noch vom VW Käfer oder vom Renault R4 kennt. Kaum ein Neuwagen kann noch mit klassischer Fensterkurbel bestellt werden. Selbst Kleinwagen und Billigautos werden neuerdings serienmäßig mit elektrischen Fensterhebern ausgerüstet.

Der Kofferraumgriff: Warum noch nach einem Griff packen, wenn ein Schwenk mit dem Fuß genügt? Bei Fahrzeugen wie dem BMW 5er, dem Audi A6, dem VW Passat oder dem Ford Kuga kann man so den Kofferraum öffnen - ohne den Schlüssel zu zücken. Wenn sich das System durchsetzt, wird der konventionelle Kofferraumgriff überflüssig.

Die Gangschaltung: Zwar erobern die ersten Neungang-Automatikgetriebe gerade den Markt. Doch sollten Elektroautos tatsächlich irgendwann groß herauskommen, werden herkömmliche Getriebe immer seltener. Denn Batterieautos haben in der Regel nur noch einen Vorwärts- und einen Rückwärtsgang. Wohin das beim Innenraumdesign führen kann, sieht man am neuen BMW i3. Zwischen den Sitzen gibt es keinen Schaltknauf mehr. Stattdessen sitzt neben dem Lenkrad ein kleiner Knubbel, den man nur noch nach vorn oder hinten kippen muss, um die Fahrtrichtung zu wählen.

Den Motorsound: Je mehr Elektroautos die Straßen einmal erobern werden, desto mehr wird auch der klassische Motorsounds verdrängt. Denn V8-Brüllen, Turbopfeifen und Kompressorkreischen gehören dann der Vergangenheit an. Nur noch das leise Surren der E-Maschinen, das Rauschen des Windes und die Abrollgeräusche der Reifen werden zu hören sein. Doch keine Sorge: Manche Autohersteller von E-Autos versüßen ihren Kunden den Abschied mit speziell komponierten Motorsounds, die mitunter den Klang eines Verbrenners nachahmen.

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