Spezial zur Kölner Straße Was verraten WLAN-Namen über die Anwohner der Kölner Straße in Krefeld?

Krefeld · Ob Onkel Fritz oder Obi Wlan Kenobi - die Namen von WLAN-Netzwerken können Hinweise auf die Anwohner einer Straße geben - oder zumindest die Fantasie anregen. Eine Spurensuche in Krefeld.

 Netzwerke Fischeln

Netzwerke Fischeln

Foto: Sebastian Dalkowski

Wäre der Forscher kein Forscher, sondern eine Couchkartoffel, er hätte bereits eine Antwort parat. Lässt sich durch die Namenswahl des WLan-Netzwerks erkennen, auf welchem Teil der Kölner Straße man sich gerade befindet? Vorbestrafte deutsche Rapper zu Beginn, ab Fischeln Komponisten der Romantik. Die Realität ist allerdings komplizierter.

Das fängt schon damit an, dass die meisten Internetnutzer an der Kölner Straße überhaupt kein Interesse daran haben, den voreingestellten Namen ihres WLan-Netzwerks zu ändern. Als ob sie froh wären, dass ihr Internet überhaupt läuft und sie deshalb die Finger von den Einstellungen lassen, auch wenn sie damit die Gelegenheit auf eine clevere popkulturelle Anspielung verstreichen lassen.

Der Feldforscher muss schon eine Weile laufen, bis er überhaupt etwas zu notieren hat. Immerhin noch vor Hausnummer 100 verbeugt sich dort jemand mit „Fenster zum Hof“ vor Alfred Hitchcocks Filmklassiker, und man ahnt bereits, was durch sein Fenster zu sehen ist. Außerdem beruft sich ein Krefelder auf Tony Montana, den von Al Pacino gespielten Gangster aus dem Film „Scarface“. Dann endlich die Namen, auf die man schon die ganze Zeit gewartet hatte: Kollegah, Camaro SS und Chanel 80. Andererseits begegnet einem an der Kölner Straße 199 auch Hochkultur. Bei Brentano kann es sich nur um Clemens Brentano handeln, einen deutschen Schriftsteller aus dem 19. Jahrhundert. Immer wieder aber auch Namen, die selbst Google überfordern. Chumurgan könnte ein prähistorischer Fluss sein, mehr gibt die Suchmaschine nicht her.

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In Fischeln wird‘s beschaulicher. „evas wlan“ und „TinisWorld“ liegen gleich nebeneinander, man ahnt die umfangreiche Leonardo-Gläser-Sammlung und die nie versiegende Zuneigung zur Diddlmaus. „Dr.House“ praktiziert nicht weit entfernt. Das Palmenparadies ist kein Geschäft, sondern vermutlich eine Privatwohnung mit hohem Grünanteil.

Auf „Ollis Heimnetz“ folgt „Hogwarts“, die von Harry Potter besuchte Zauberschule. Geht denn da nicht ein wenig mehr in Fischeln? „Hun Castle“ könnte sich auf ein englisches Schimpfwort für Deutsche beziehen, vermutlich ist damit aber doch ein Zeitalter aus dem Computerspiel „Age Of Empire“ gemeint. Hunnen, das waren zentralasiatische Reitervölker. Bis nach Krefeld sind sie vermutlich nicht gekommen.

 So heißen Netzwerke entlang der Kölner Straße.

So heißen Netzwerke entlang der Kölner Straße.

Foto: Sebastian Dalkowski

Auf Höhe der Kölner Straße 498 endlich ein Wortspiel-Klassiker der WLan-Benamung: Obi Wlan Kenobi. Das wird später nur noch überboten von „Martin Router King“, als die Kölner Straße schon ihrem grünen Ende entgegenstrebt. „Ruhe“ fordert oder wünscht sich oder hat ein Internetnutzer nahe der Kleeblatt-Apotheke. „Tomatennetz“ ist entweder so unlustig, dass es schon wieder gut ist, oder aber so unlustig, dass es schon wieder unlustig ist.

Und dann stößt der Forscher auf Gold, auf den vielleicht längsten WLan-Namen von Krefeld nahe des Sylter Eiscafés. Bitte genau lesen: monsieuretmadammehuckerajkiewic. 31 Buchstaben eines offenbar in Liebe befindlichen Paars. Doch bereits bei einer 600er-Hausnummer folgt der unromantische Gegenentwurf. Es gibt nicht nur „Die Piepers“, sondern auch „DiePiepers_2GEXt“, „DiePiepers_5G-5GEXT“, und weil eben nicht jeder beliebige Besucher in diesem Qualitätsinternet surfen soll, gibt es auch „DiePiepers-Gast“. Man sieht diese Bilderbuchfamilie vor sich und wie Vater Pieper sagt: „Sie wollen ins Internet? Warten Sie, ich gebe Ihnen das Passwort für unseren Gastzugang. Es ist nach einem deutschen Komponisten der Romantik benannt.“ In unmittelbarer Nähe wohnt auch „Onkel Fritz“.

Die Lust auf eine die Individualität betonende WLan-Taufe scheint zuzunehmen mit steigenden Hausnummern. Ob es besser unterlassen worden wäre, sollen andere beurteilen. Das „LanDesGrauens“ spukt in der Nähe eines indischen Restaurants. An der Südschule ist nicht nur „Crissis‘s Tierfarm“ untergekommen, geführt vermutlich von einer begeisterten Online-Gamerin, sondern auch „Sword Art Online“. Das ist kein Internetshop für besonders hübsch geschmiedete Schwerter, sondern der Name einer japanischen Comicreihe, die zwar in der Zukunft spielt, aber trotzdem durch den Schwertkampf geprägt wird.

Rätsel hingegen bleiben die letzten beiden Einträge in der Forscherkladde: „H4N1-Vogelgippe“ heißt ein WLan-Netz gegenüber der Shell-Tankstelle. Nicht nur, dass das „r“ in Grippe fehlt, der Name für die Vogelgrippe ist eigentlich „H5N1“. Der weniger bekannte Subtyp H4N1 wurde aus kanadischen Stockenten und zentralchinesischen Schweinen isoliert. Gerne mehr hätte man auch über das „Wurstnetz 2“ erfahren. Ist es besser als sein Ruf? Was ist mit „Wurstnetz 1“ passiert? Die Piepers haben bestimmt was gesehen.

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