Festnahme von Wuppertaler Jobcenter-Chef: Demo beschäftigt jetzt den Landtag

CDU und FDP haben den Antrag gestellt, dass sich der Innenausschuss am Donnerstag mit dem Polizeieinsatz vom 16. Juni befasst.

Festnahme von Wuppertaler Jobcenter-Chef: Demo beschäftigt jetzt den Landtag
Foto: Andreas Fischer

Den Innenausschuss des Landes NRW beschäftigt am Donnerstag auf Antrag der Fraktionen von CDU und FDP die politische Aufarbeitung einer Demonstration am 16. Juni in Barmen. In deren Verlauf war Thomas Lenz, Vorstandsvorsitzender des Wuppertaler Jobcenters, von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. Lenz gehörte einer Gruppe von Demonstranten an, die gegen den Aufmarsch einer rechtsextremen Partei demonstriert hatten. Im Internet kursierten noch am gleichen Tag Videos von seiner Festnahme und lösten heftige Diskussionen über die Verhältnismäßigkeit der von der Polizei eingesetzten Gewalt aus. Thomas Lenz, der mit einem Strafverfahren rechnen muss, hat seinerseits Strafanzeige wegen schwerer Körperverletzung erstattet.Gegen Wuppertals Polizeipräsident Markus Röhrl legte er Dienstaufsichtsbeschwerde ein. "Die Polizei hat inzwischen die dritte Variation des Vorfalls verbreitet, keine ist zutreffend", krintisiert Lenz.

Den Mitgliedern des Innenausschusses wird am Donnerstag ein Bericht vorgelegt, den Innenminister Herbert Reul (CDU) unterzeichnet hat. Der Ingewahrsamnahme von Thomas Lenz ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Demnach ist Lenz im Verlauf der Demonstration mehrfach ins Blickfeld der Polizei geraten. „Der Beschuldigte L. soll sich nach Angaben des PP Wuppertal bereits gegen 12.30 Uhr als Angehöriger einer Gruppe (B 7 in Höhe Berliner Straße 167) lautstark und aggressiv über polizeiliche Absperrmaßnahmen in Form einer Polizeikette, die dazu dienten, den Aufzugsweg der rechten Szene frei zu halten, beschwert haben“, heißt es. Weitere Beobachtungen zum Verhalten von Lenz werden für 13 Uhr, 14.15 Uhr und 15.05 Uhr aufgeführt. Die Vorwürfe weist Lenz zurück, dafür gebe es eine Reihe von Zeugen.

Zur Festnahme sei es gekommen, als er um 15.05 Uhr der Verfügung, die Strecke zu verlassen, nicht nachgekommen sei. Daraufhin sei er „mittels einfacher körperlicher Gewalt in Richtung des dortigen Gehwegs geschoben worden“. Lenz habe die Hände des Beamten „weggeschlagen“ und „sich den Beamten schubsend der Maßnahme widersetzt“. Als ihn ein weiterer Beamte in Richtung Gehweg gedrängt habe, habe er sich dadurch zur Wehr gesetzt, „dass er lautstark schrie und mit hektischen Handbewegungen auf den Bereitschaftspolizeibeamten wiederum zugegangen sei.“ Gegen die Fixierung am Boden habe er sich „aktiv gesperrt“ und sei deshalb mit Einweghandfesseln fixiert worden, heißt es im Bericht.

Der WZ liegt ein bisher unveröffentliches Video vor, das Zweifel an dieser Version des Hergangs aufkommen lässt. Darin ist zwar zu erkennen, dass es eine verbale Auseinandersetzung zwischen Lenz und zwei Polizeibeamten gegeben hat, aber eine bedrohliche Situation für die Polizisten lässt sich daraus kaum ableiten. Ebenso erscheint es aufgrund der Filmaufnahmen unwahrscheinlich, dass Lenz sich am Boden gegen die Fixierung gewehrt haben könnte. Ein Polizist warf ihn zu Boden, drei hielten ihn sofort danach fest.

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Am 16. Juni kam es zudem zu sechs Strafanzeigen gegen Teilnehmer des rechten Spektrums. Als Delikte werden im Bericht aufgeführt: Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Volksverhetzung, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, öffentliche Aufforderung zu Straftaten. Zudem nutzten die Polizeibeamten die Gelegenheit zur Vollstreckung eines Haftbefehls. Gegen Teilnehmer der insgesamt drei Gegendemonstrationen, von denen eine zunächst nicht angemeldet war, wurden fünf Strafverfahren eingeleitet, darunter die gegen Thomas Lenz wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte.

850 Polizeibeamte waren an diesem Tag im Einsatz. Ihr vorrangiges Ziel war es aufgrund der Erkenntnislage, „ein Aufeinandertreffen rivalisierender Gruppierungen zu verhindern“. Dieses Ziel sei durch den konsequenten Einsatz der Polizeibeamten erreicht worden. Im Zusammenhang mit dem Vorstandsvorsitzenden des Jobcenters Wuppertal sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Wörtlich heißt es im Bericht des Innenministers: „Auf Basis der jetzigen Erkenntnisse ist die Polizei differenziert und mit angemessener Einschreitschwelle vorgegangen. Die Ergebnisse des Strafverfahrens und der Einsatznachbereitung bleiben abzuwarten.“

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