Agrarministerin Schulze Föcking: Bedienfehler statt Hacker-Angriff?

Agrarministerin Schulze Föcking zeigt nach massiven Drohungen fünf Personen an. Eine kuriose Erklärung gibt es jetzt für die heimische TV-Panne.

 Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Christina Schulze Föcking.

Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Christina Schulze Föcking.

Foto: Rolf Vennenbernd

Düsseldorf. Die NRW-Agrarministerin Christina Schulze Föcking (CDU) hat nach massiven Drohungen in sozialen Netzwerken in fünf Fällen Strafanzeige gestellt. Das teilte sie am Montag in einer über ihr Landtagsbüro verschickten schriftlichen Erklärung mit. Die weiteren zwei Kernaussagen in dem außergewöhnlichen Schreiben der Ministerin: Gegen den für den Einbruch in die Stallungen des Hofes Schulze Föcking verantwortlichen Täter habe ihr Gatte Strafanzeige gestellt. Und drittens hätten sich die Befürchtungen eines Hacker-Angriffs auf das private Computer-Netzwerk der Ministerin nicht bestätigt. Vor allem die letzte Wendung könnte noch für viel Aufsehen sorgen.

Hintergrund: Im Sommer 2017 waren aufgenommene Videos verletzter Schweine im Familienbetrieb der Ministerin aufgetaucht. Sie wurden über das RTL-Magazin „Stern TV“ ausgestrahlt, seither lässt die Affäre die Ministerin nicht los. Die Staatsanwaltschaft Münster und der Kreis Steinfurt stellten die Ermittlungen ein, weil sie offiziell „weder strafrelevante noch ordnungswidrige Verstöße“ gegen den Tierschutz festgestellt hatten. Gegen diese Einstellung des Verfahrens ging die Tierrechtsorganisation „Animal Rights Watch“ vor. Innerhalb wiederum dieses Prozesses soll ein Vertreter des Vereins „Tierretter.de“ erklärt haben, in die Ställe der Familie Schulze Föcking eingebrochen zu sein und heimlich die Filmaufnahmen gemacht zu haben. Schulze Föcking: „Vor dem Hintergrund dieses Geständnisses hat mein Mann über seinen Anwalt die Staatsanwaltschaft Münster über die neuen Erkenntnisse informiert und Strafanzeige gestellt.“ Ursprünglich hieß es, die Aufnahmen seien der Organisation anonym zugespielt worden.

Sowohl vor als vor allem auch nach der „Berichterstattung zu den haltlosen Vorwürfen“, wie Schulze Föcking jetzt textet, sei sie über ihr persönliches Profil in einem sozialen Netzwerk massiv bedroht worden. Wie auch ihre Familie. „Bis hin zur Aufforderung, man möge meinem Leben ein Ende setzen“, wie die Ministerin schreibt. Deshalb habe sie den Staatsschutz informiert und in fünf Fällen Strafanzeigen gestellt. Sie werde sich „gegen Hetze und Drohungen weiterhin juristisch zur Wehr setzen“.

Hintergrund: Auf dem Fernsehgerät der Schulze Föckings flimmerte im März plötzlich eine Aufnahme aus einer Fragestunde im Landtag, in der es um die Schweinehaltung im Betrieb der Familie ging. Schulze Föcking ging von einem Hacker-Angriff aus, der Vorfall wurde auch so kommuniziert, im Landtag solidarisierten sich zahlreiche Abgeordnete über alle Parteigrenzen hinweg.

Jetzt ist alles anders: Nach vorläufiger Auskunft der Staatsanwaltschaft Köln handelt es sich nicht um einen Angriff externer Dritter. Vielmehr soll die Videoübertragung „unbemerkt und unbeabsichtigt durch ein für das Heimnetz berechtigtes Gerät in einer anliegenden Wohnung der Familie“ ausgelöst worden sein. Dies sei ihr am 18. April 2018 mitgeteilt worden. Wer das Video auf dem privaten Fernseher abgespielt hatte, verriet die Ministerin nicht. Sie sei vielmehr erleichtert, dass sie nicht ausgespäht worden sei.

Die Aufregung in der Opposition ist gewaltig. Der neue Vorwurf: Die Landesregierung, die seinerzeit am Tag nach dem „TV-Skandal“ in Steinfurt über „offenkundig kriminelle Eingriffe in die Privatsphäre“ urteilte, habe nun den neuen Ermittlungsstand zweieinhalb Wochen zurückgehalten. „Die Ministerin hätte spätestens in der Fragestunde und der Aktuellen Stunde des Landtages in der Folgewoche — am 25. und 26. April — volle Transparenz herstellen müssen“, sagt Grünen-Fraktionschefin Monika Düker, die mit ihrer Fraktion seit der Abschaffung der Stabsstelle Umweltkriminalität im Ministerium massiv opponiert. Düker vermutet weiter, die Landesregierung habe auf diese Weise „eine Solidaritätskampagne für eine angeschlagenen Ministerin aufgrund falscher Tatsachen“ organisieren wollen. Christian Dahm, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, urteilte, der Skandal werde „immer bizarrer“, der „vermeintliche Hackerangriff entpuppt sich als Bedienfehler des heimischen Videorekorders“. Dahm: „Es mussten erst Ermittler des Landeskriminalamts her, um diesen Vorgang aufzuklären. Alle ihre Probleme sind hausgemacht, im Mittelpunkt steht immer ihr Familienbetrieb.“

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