Bundestagswahl 2017 Grüne atmen auf, Linke ist selbstkritisch

Die Ökopartei könnte in die Regierung einziehen, wenn eine Jamaika-Koalition gebildet werden würde.

 Die Spitzenkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, sind erleichtert.

Die Spitzenkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, sind erleichtert.

Foto: Ralf Hirschberger

Berlin. Wenn Erleichterung einen Parteinamen hat, dann heißt er an diesem Abend „Bündnis 90/Die Grünen“. Und das Gesicht dazu gehört Katrin Göring-Eckardt. Sie strahlt über beide Backen, als sie in einer szenigen Event-Location in Berlin-Neukölln auf die Bühne tritt. „Wer hätte das gedacht", sagt sie „Viele hatten nicht mehr daran geglaubt“. Statt der befürchteten Verluste gab es sogar einen leichten Zugewinn. Und die Chance, in die nächste Regierung einzutreten. Der Jubel in dem grün ausgeleuchteten Saal ist groß, Göring-Eckardt und ihr Co-Spitzenkandidat überbieten sich gegenseitig mit Komplimenten.

Offiziell sagen alle bei den Grünen, dass jetzt Angela Merkel in Sachen Jamaika-Koalition am Zuge ist, zu erste Gesprächen einzuladen. Grundsätzlich dagegen ist niemand, jedenfalls nicht offen. Der Schleswig-Holsteiner Robert Habeck, der in Kiel schon in einem Jamaika-Bündnis mitregiert, rät seiner Partei „seriös und souverän" zu sondieren. Es deuten sich aber auch schon Konflikte an. Spitzenkandidat Cem Özdemir etwa baut erste Hürden auf.

„Ohne Klimaschutz werde ich keinen Koalitionsvertrag unterschreiben“, sagt er. Und auch, dass man einen antieuropäischen Populismus nicht mitmachen werde. Sorgen macht bei den Grünen, dass CSU-Chef Horst Seehofer in München auch Hürden aufbaut. Er will als Konsequenz aus dem Wahlerfolg der AfD die Politik der Bundesregierung in der Flüchtlingsfrage eher nach rechts rücken. Das sei „die falsche Schlussfolgerung“ aus dem Abschneiden der Rechtspopulisten, sagt Grünen-Urgestein Jürgen Trittin und droht: „Wer das meint, wird in den Grünen keinen Partner finden“. Die Konflikte des möglichen Jamaika-Bündnisses zeichnen sich bereits ab.

Im Berliner Szeneclub Festsaal Kreuzberg ist die Bühne rot erleuchtet. Rot ist auch die Farbe der Luftballons, die verteilt wurden. Dass hier die Linken feiern, ist optisch unschwer zu erkennen, akustisch eher nicht. Denn die Stimmung ist zurückhaltend. Statt Oppositionsführerin nur noch kleinste Oppositionspartei und eine so starke AfD im Bundestag - das will verdaut sein.

Protestwähler, das waren bisher sichere Kundschaft der Linkssozialisten. Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht sagt zwar, sie sei zufrieden. „Das ist unser zweitbestes Ergebnis“. Doch vor allem sie wird immer wieder gefragt, ob die Linke in der Flüchtlingsfrage den Rechtspopulisten nicht zu sehr das Feld überlassen habe. Denn in Ostdeutschland gab es für die Linke Rückgänge, während sie im Westen zulegten.

Wagenknecht stimmt ungewohnt offen zu: „Man hat dort auch vielleicht bestimmte Probleme ausgeklammert, in der Sorge, dass man damit Ressentiments schürt", sagt sie. „Aber am Ende hat man dann der AfD überlassen, bestimmte Dinge anzusprechen, von denen die Menschen einfach erleben, dass sie so sind." Auf ihren Plakaten hatte die Partei noch gefordert: „Fluchtursachen bekämpfen, nicht Flüchtlinge“. Der Linkspartei dürften über diese Frage noch etliche innerparteiliche Debatten bevorstehen.

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