Interview mit Christian Hacke Trump als Präsident? „Trump hat rassistische Vorurteile geschürt“

Ein Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Christian Hacke über Amerika als Firma in der Weltpolitik, Rassismusprobleme und Deutschlands neue Rolle. Zurück zu Seite 1

Interview mit Christian Hacke: Trump als Präsident? „Trump hat rassistische Vorurteile geschürt“
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Welche Hoffnungen verbinden diese Rassisten mit Trump?

Hacke: Trump und der weiße Mann haben einen zentralen Feind: die Demografie. Viele von ihnen hoffen: Vielleicht ist Trump der Letzte, der das noch durch Gesetze und Einreisestopps korrigiert. Eben Unerwünschte aus dem Land zu drängen oder mindestens keine Neuen mehr dazuzubekommen. Das ist Rassismus pur. Trump ist ihre letzte Chance: Wenn er das durchsetzt, dann ist das vielleicht nicht so schön, aber dann haben wir hier wieder ein bisschen Ruhe.

Würden Sie Trump nach vier Jahren auch eine zweite Amtszeit zutrauen?

Hacke: Prepare for the worst and hope for the best (Bereite dich auf das Schlimmste vor und hoffe auf das Beste, Anm. d. Red.). Ich schließe nichts aus. Ich sage nur: Diejenigen, die jetzt auf ein Impeachment (Amtsenthebungsverfahren, Anm. d. Red.) hoffen, sind im Moment Traumtänzer. Dafür müsste er mehr als nur Löffel klauen. Wenn sie in den USA zum Beispiel eine ganz fatale Verquickung mit seinen Geschäften finden würden, das wäre ein gefundenes Fressen. Das mögen die Amerikaner so gar nicht: Verquickung von Geschäftsinteressen mit dem Amt. Allein mit schlechtem Benehmen des Präsidenten bekommen Sie keinen Präsidentenstuhl geräumt. Und schon gar nicht, wenn dieses schlechte Benehmen bei einer Masse von Menschen ankommt.

Das wird hier in der Sicht bei uns ja ohnehin völlig ignoriert.

Hacke: Wir haben das erlebt, 1925 haben alle über Hitler gelacht — auch wenn ich das nicht mit Trump vergleichen möchte. Ein Land im Niedergang, eine Rasse, die sich benachteiligt und eine Nation, die sich in der Ehre verletzt fühlt, plus die schleichende Armut mit Arbeitsplatzneid zwischen Weißen und Schwarzen — das ist eine gefährliche Gemengelage. Das war alles auszuhalten, solange genügend Platz und Jobs da waren, da konnte der Rassismus auf Sparflamme köcheln. Aber das ist vorbei. Und Trump hat diese rassistischen Vorurteile geschürt.

Die Spaltung der Gesellschaft, wie wir sie in den USA erleben, ist auch hier in Westeuropa spürbar. Wo sehen Sie Parallelen, was können wir aus der Wahl Trumps lernen?

Hacke: Ich habe meine Meinung in den vergangenen Wochen da leicht modifiziert. Bei der Wahl Trumps habe ich noch gesagt, das sei ein Signal für Wilders, für Le Pen, für die AfD, Orban und andere. Ich dachte: Wenn sich der Unmut bei uns weiter staut, könnte Trumps Wahl ein gefährliches Signal sein. Aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob das noch gilt. Unter dem Eindruck der vergangenen vier Wochen sind viele hier aufgewacht und sagen sich: Wenn die Populisten in Frankreich, in den Niederlanden oder anderswo so gestrickt sind, dann wollen wir den Versuch doch besser unterlassen.

Es gibt Psychologen, die sich auf den Geisteszustand des Präsidenten kaprizieren und ihn als gefährlich narzisstisch bezeichnen. Hilft das weiter?

Hacke: Das kann man nicht individual-psychologisch analysieren. Da heißt es, Trump sei ein Narzisst. Das ist doch Geschwätz. Das sind wir alle mehr oder weniger. Das Wort von Max Weber zählt: Angenehme und gute Politiker heißt nicht automatisch gute und richtige Politik. Und unangenehme und unsympathische Politiker heißt nicht automatisch schlechte Politik. Das ist die Irrationalität des Politischen. Sie hätten nicht ein einziges Abendessen mit Richard Nixon verbringen wollen — ich übrigens auch nicht. Trotzdem hat Nixon zum Teil eine fabelhafte Außenpolitik gemacht. Obama war ein eleganter, lässiger Typ, dieses Paar war wunderbar wie seit den Kennedys nicht — und die Außenpolitik war widersprüchlich, schwächlich und hat Amerikas Einfluss in der Welt, insbesondere im Nahen Osten, geschmälert. Die Irrationalität der Politik scheinen die meisten in der Öffentlichkeit nicht begriffen zu haben.

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