Tönisvorst Rupert Neudeck wird der Kompass

Die Gesamtschule Tönisvorst will sich nach dem Mitgründer der Organisation Cap Anamur benennen. Seine Witwe Christel berichtete Schülern aus seinem Leben.

Tönisvorst: Rupert Neudeck wird der Kompass
Foto: Kurt Lübke

Tönisvorst. Christel Neudeck parkte ihren blauen Kleinwagen pünktlich auf dem Parkplatz des Schulzentrums Corneliusfeld und hievte eine große Tasche voller Geschenke aus dem Kofferraum. Ein gerahmtes Foto ihres Mitte 2016 verstorbenen Mannes Rupert, ein weiteres, das ihn mit Schülern im Kongo zeigt, mit denen er sich über eine neu errichtete Schule freut. Und ein Buch, in dem man nachblättern kann, was die Neudecks mit dem Schiff „Cap Anamur“, mit ihrer humanitären Hilfe in der Vergangenheit alles bewegt haben.

Mittwoch, 25. Januar, 10.30 Uhr, war zugleich ein Moment von Gegenwart und Zukunft. Christel Neudeck war auf Einladung der Sekundarschule in Tönisvorst. Die Schule hat im Rahmen ihres Umwandlungsprozesses zur Gesamtschule bei der Stadt beantragt, künftig den Namen Rupert Neudeck Gesamtschule zu tragen. „Das soll nicht nur unser Aushängeschild werden, sondern wir wollen das mit großem Verantwortungsgefühl zu unserem Programm machen“, sagte Leiter Andreas Kaiser. Christel Neudeck: „Als ich das hörte, habe ich gejubelt.“ Die Anfrage der Tönisvorster an die Familie sei die Erste dieser Art gewesen. Mittlerweile seien es drei Schulen, die sich den Namen Rupert Neudeck geben wollen.

Christel Neudeck erzählte Schülern so anschaulich aus ihrem gemeinsamen Leben, als säße ihr Mann Rupert neben ihr. „Er war sehr mutig, aber nicht leichtsinnig“, sagte sie auf die Frage, ob sie denn nicht Ängste ausgestanden habe um ihren Mann, wenn er wieder auszog, um Leben zu retten. Christel Neudeck: „Ich wusste, es ist wichtig, dass er da ist. Und man gewöhnt sich an die Gefahr. Rupert war so dünn, dass ich immer gesagt habe: an ihm fliegen die Moskitos und die Kugeln vorbei.“

Der Journalist hatte das Leben seiner kleinen Familie, die bis heute in einem Reihenhaus zwischen Köln und Bonn lebt, ab Ende der 70er Jahre „umgekrempelt“. Das Wohnzimmer wurde zur Schaltzentrale humanitärer Hilfe. „Wir haben uns total auf die Arbeit eingelassen, uns aber nicht geopfert“, sagt Christel Neudeck.

Zu geben und zu helfen, etwas zu tun, sei bereichernd, ermunterte die Witwe des neuen Namensgebers die Schüler. Nicht die Verehrung ihres Mannes war ihr wichtig, sondern Haltung, Mitmenschlichkeit. „Nichts tun ist vielleicht einfacher, aber nicht schöner!“

Christel Neudeck wünschte sich von den Schülern. „dass ihr viel lernt, aber auch das Soziale nicht vergesst. Habt Augen für die, denen es nicht so gut geht. Das kann schon jemand sein, der allein auf dem Schulhof steht. Geht hin. Fragt, ob er mitspielen will.“ Hinsehen. Helfen. Zivilcourage, das sei ein fantastisches Wort. Ihr Mann Rupert sei kein Träumer gewesen. „Für uns bedeutete Entwicklungshilfe, dass Reichere Ärmeren helfen. Sie geben ihnen aber keinen Fisch, sondern eine Angel.“ Zu dem 17-jährigen Flüchtlingsjungen, der zurzeit bei ihr lebe, habe sie gesagt: „Deine Angel ist die deutsche Sprache.“

Die Integration von Flüchtlingen in der Schule ist übrigens ein Aspekt, mit dem Andreas Kaiser und sein Team in der täglichen Arbeit den Ansatz Neudecks umsetzen wollen. Weitere Projekte sollen folgen und im Schulprogramm verankert werden.

Sie kam mit Geschenken und nahm auch eines mit: Christel Neudeck erhielt ein Mini-T-Shirt mit dem neuen Logo „Rupert Neudeck Gesamtschule Tönisvorst“. Ein Rupert wird es auch tragen. Im Oktober wurde ihr Enkelsohn geboren. Er trägt den Namen ihres Mannes, einen mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

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