Ein Monat allein im Land der Mullahs

Mit drei Kopftüchern und ein paar Brocken Farsi im Gepäck wagte Nadine Pungs das Abenteuer. Sie erlebte den Iran als ein tief gespaltenes Land. Und ist trotzdem fasziniert.

Bevor Nadine Pungs ihre Reisen antritt, hat sie oft ein bisschen Angst. Aber das geht vorbei, sobald sie im Flugzeug sitzt. Denn die 35-Jährige liebt das Abenteuer. Einen Monat lang war die Düsseldorferin auf eigene Faust im Iran unterwegs. Sie war die erste alleinreisende Touristin, die es bis zu den Ausgrabungsstätten an der Grenze zum Irak schaffte. Mitgebracht hat sie nicht nur zwei neue Kopftücher, sondern auch faszinierende Eindrücke von einem Land, das tief gespalten ist.

Ein Monat allein im Land der Mullahs
Foto: Nadine Pungs

Mit ein paar Brocken Farsi, die sie zu Hause gelernt hatte, und drei Kopftüchern stieg die Moderatorin und Schauspielerin in die Maschine von Frankfurt nach Teheran: „Ich kannte niemand im Iran. Über die Couchsurfing-Plattform hatte ich eine Gastfamilie gefunden, die mich aufnahm.“ Kurz vor der Landung kamen klare Anweisungen von den Stewardessen, dass Damen bitte jetzt die Kopftücher anlegen möchten;. „Die meisten Frauen hassen das. Aber es ist Pflicht. Ich hatte noch nicht so viel Übung beim Anlegen des Kopftuchs. Als es mir einmal auf der Straße verrutscht ist, wurde ich sofort von einem Mann angesprochen.“ Wer sich nicht an die strengen Regeln der Scharia hält, dem drohen Peitschenhiebe. Auch wenn man einen ausländischen Pass hat.

Allerdings hat Nadine Pungs in keinem anderen Land größere Gegensätze erlebt: „Der Anteil der Iraner, die nach den Gesetzen der Scharia leben wollen, und derer, die eher westlich orientiert sind, liegt ungefähr bei 50:50. Was sich im Privaten abspielt, ist völlig unterschiedlich zum Leben auf der Straße.“

Da sind die riesigen Bilder der Religionsführer allgegenwärtig: „Frauen dürfen im Iran zum Beispiel nicht singen.“ Auch Alkohol ist streng verboten. Trotzdem feieren viele Iraner in ihren eigenen vier Wänden. „Manche kaufen Trauben und warten, bis sie anfangen zu gären. Andere schütten Alkohol in alkoholfreies Bier“, erzählt Nadine Pungs. Und es gibt einen großen Schwarzmarkt für Hochprozentiges.

Das wäre der 35-Jährigen fast zum Verhängnis geworden. Denn bei einer Fahrt quer durch das Land geiet sie in einen Bus, in dem sich jede Menge Schmuggler befanden: „Der wurde von der Polizei kontrolliert. Die fanden auch T-Shirts und Alkohol.“ Etliche Mitreisende wurden verhaftet, die Düsseldorferin konnte die Beamten nach einigen Stunden davon überzeugen, dass sie nicht zu den Schmugglern gehörte und durfte schließlich weiterfahren.

Nach ein paar Tagen in Teheran startete Nadine Pungs zu einer Rundreise durch das ganze Land. In Ghom ließ sie sich von einem Mullah durch die antike Tempelanlage führen, sie besichtigte die berühmte Persepolis, die zum Weltkulturerbe gehört, und wollte unbedingt das jüdische Mausoleum in Hamadan sehen: „Der Rabbi gab mit den Segen für meine bevorstehende Hochzeit. Leider fehlt mir noch der Mann dazu. Das war überhaupt die Frage, die mir am meisten gestellt wurde: Warum ich nicht verheiratet bin. Das verstehen viele im Iran nicht.“

Angst hat Nadine Pungs außer im Schmuggler-Bus nicht gehabt: „Der Iran ist ein sicheres Land. Die Menschen freuen sich wahnsinnig, wenn Touristen in ihr Land kommen und wünschen sich eine weitere Öffnung nach Westen. ’Iraner lieben Deutsche’, den Satz habe ich von vielen Persern gehört. Und das habe ich auch selbst so erlebt.“

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